Die Tote von Beverly Hills
von Curt Goetz - Auszug
Als
wir uns nach zwölf Tagen sahen, versank die Welt um uns.
Allmählich hatten wir in
unserer Liebesburg einen ganzen Theaterfundus für unsere Spiele: Da waren
seidene Gewänder für Märchenprinzessinnen mit Kleidchen und Höschen bis zum
Knöchel. Da waren zerlumpte kurze Röckchen aus „Hänsel und Gretel“ für arme
Bauernmädchen, die außer diesen Röckchen nichts anhatten. Da war ein Kostüm für
den Puck aus „Sommernachtstraum“, für einen Bergtroll aus „Peer Gynt“, für
einen Pagen aus „Lohengrin“.
Und das ich mich in den
verschiedenen Verkleidungen verschieden benahm, dazu brauchte ich keinen
Lehrer. Das Süßeste an meinem Geliebten war, daß er nicht wußte, wie süß er
war. Wenn er zum Beispiel versuchte, brav zu sein! Ich brauchte ihn nur auf
eine bestimmte Art anzulächeln, und besagter Widerstand welkte dahin. Oder,
wenn er versuchte, Rücksicht zu nehmen!
Nun,
es muß für Moses leichter gewesen sein, das Rote Meer zu teilen, als es für
meinen Geliebten war, sich von mir zu trennen in Augenblicken,
da ich nicht von ihm getrennt zu werden wünschte.
„Liebst du mich?“
„Bin ich deine einzige
Geliebte?“
„All die Frauen, die dir
nachstellen, haben keinen Erfolg?“
„Aber sie stellen dir
nach?“
„Und sie träumen von dir?“
„Und ich bin die einzige,
die dich hat?“
Das war eine Konversation,
die sich oft, oft wiederholte. Wir waren glücklich. So glücklich, wie zwei
Sterbliche sein können.
Bis
sich das Entsetzliche ereignete.
Aus
dem Zyklus: „Zu retten, zu rächen die Liebe“
Von Claudio de Ceola – alle Rechte vorbehalten ©CdeC