MAGIc SPELLS - ZAUBERSPRÜCHE - magickÉ FORMULE
GEGEN DEN ABSCHAUM - „DER DICHTER SAGT’S DIR
DICHTER“ ©2002 - CdeC
Mit
seiner „ANSPRACHE ZU SCHULBEGINN“ hat sich ERICH KÄSTNER einen Platz im
Pantheon (Ehrentempel*) verdient. Aus: Die kleine
Freiheit 1963
Liebe
Kinder,
da sitzt ihr nun, alphabetisch oder nach der Größe
sortiert, zum erstenmal auf diesen harten Bänken, und hoffentlich liegt es nur
an der Jahreszeit, wenn ihr mich an braune und blonde zum Dörren (trocknen*)
aufgefädelte Steinpilze erinnert. Statt an Glückspilze, wie
sich’s eigentlich gehörte. Manche von euch rutschen unruhig hin und her,
als säßen sie auf Herdplatten (darauf wurde vor der Mikrowelle das Essen gekocht*) Andere hocken wie angeleimt (festgeklebt*) auf
ihren Plätzen. Einige kichern (lachen*) blöde, und der Rotkopf (Rothaariger*) in der dritten Reihe starrt,
Gänsehaut im Blick, auf die schwarze Wandtafel, als sähe er in eine sehr
düstere Zukunft.
Euch ist bänglich zumute, und man kann nicht sagen,
daß euer Instinkt (Gefühl*)
tröge. Eure Stunde X hat geschlagen. Die Familie gibt euch zögernd her und
weiht euch dem Staate. Das Leben nach der Uhr beginnt, und es wird erst mit dem
Leben selber aufhören. Das sich aus Ziffern und Paragraphen (Gesetzen*),
Rangordnung und Stundenplan eng und enger sich spinnende Netz umgarnt nun auch
euch. Seit ihr hiersitzt, gehört ihr zu einer
bestimmten Klasse. Noch dazu zur untersten. Der Klassenkampf und die Jahre der
Prüfungen stehen bevor. Früchtchen seid ihr Spalierobst müßt ihr werden!
Aufgeweckt wart ihr bis heute, und einwecken wird man euch ab morgen! (In Neusprech
schwer übersetzbar. Etwa: Klug/nett/lustig/intelligent wart ihr bis heute,
verblöden wird man euch ab morgen! - CdeC)
So, wie man’s mit uns getan hat. Vom Baum des Lebens in die
Konservenfabrik (Dosenfabrik*)
der Zivilisation, - das ist der Weg, der vor euch liegt. Kein Wunder, daß
eure Verlegenheit größer ist als eure Neugierde. Hat
es den geringsten Sinn, euch auf einen solchen Weg Ratschläge mitzugeben?
Ratschläge noch dazu von einem Manne, der, da half kein Sträuben (sich wehren*), genau
so „nach Büchse“ schmeckt wie andere Leute auch? Laßt es ihn immerhin
versuchen, und haltet ihm zugute, daß er nie vergessen hat, noch je vergessen
wird, wie eigen (seltsam*)
ihm zumute war, als er selber zum erstenmal in der Schule saß. In jenem grauen,
viel zu groß geratenen Ankersteinbaukasten.
(Hinweis:
Kinder haben früher - vor ihrer Denaturierung durch die Bürokratur - gespielt.
Auch mit solchen Baukästen. - CdeC)
Und wie es ihm damals das Herz abdrückte. Damit wären wir
schon beim wichtigsten Rat angelangt, den ihr euch einprägen und einhämmern
solltet wie den Spruch einer uralten Gedenktafel:
LASST
EUCH DIE KINDHEIT NICHT AUSTREIBEN!
*Im
Jahr 2002, also nach der Schlechtschreibreform und Denaturierungskampagne der
Bürokratur vom Herausgeber ergänzt, da der Text von heutigen Schülern sonst
nicht mehr verstanden würde.
Schaut,
die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut.
Sie
vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt
ihnen vor wie eine Dauerwurst (Hartwurst*), die sie allmählich
aufessen, und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr.
Man nötigt euch in der Schule
eifrig von der Unter- über die Mittel- zur Oberstufe. Wenn ihr schließlich drobensteht (oben steht*) und balanciert(versucht das Gleichgewicht zu
halten*), sägt man die
„überflüssig“ gewordenen Stufen hinter euch ab, und nun könnt ihr nicht mehr
zurück! Aber müßte man nicht in seinem Leben wie in einem Hause treppauf und
treppab gehen können? Was soll die schöne erste Etage ohne den Keller mit den
duftenden Obstborden und ohne das Erdgeschoß mit der knarrenden Haustür und der
scheppernden Klingel?
(Das ist
schwierig in Neusprech zu übersetzen, aber in etwa
6-9 Jahren versteht ihr es.) Nun
- die meisten leben so! Sie stehen auf der obersten Stufe, ohne Treppe und ohne
Haus, und machen sich wichtig. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie
Erwachsene, aber was sind sie nun?
NUR WER ERWACHSEN WIRD UND KIND BLEIBT, IST EIN MENSCH!
Wer weiß, ob ihr mich
verstanden habt. Die einfachen Dinge sind so schwer begreiflich zu machen! Also
gut, nehmen wir etwas Schwierigeres,
womöglich begreift es sich
leichter. Zum Beispiel:
Haltet
das Katheder (Lehrerpult/hoher Tisch*) weder für einen
Thron, noch für eine Kanzel! (Pfarrerpult*) Der
Lehrer sitzt nicht etwa deshalb höher, damit ihr ihn anbetet, sondern damit ihr
einander besser sehen könnt. Der Lehrer ist kein Schulwebel
und kein lieber Gott. Er weiß nicht
alles, und er kann nicht alles wissen. Wenn er trotzdem allwissend tut, so seht
es ihm nach, aber glaubt es ihm nicht! Gibt er dagegen zu, daß er nicht alles weiß, dann liebt ihn! Denn dann verdient er eure Liebe. Und
da er im übrigen nicht eben viel verdient, wird er sich über eure Zuneigung von
Herzen freuen. Und noch eins: der Lehrer ist kein Zauberkünstler, sondern ein
Gärtner. Er kann und wird euch hegen und pflegen. Wachsen müßt ihr selber! (Die
vorstehendenden vier Sätze sind aus einer anderen Zeit und ungültig -
CdeC)
Nehmt auf diejenigen Rücksicht, die auf euch Rücksicht nehmen! Das klingt selbstverständlicher, als es
ist. Und zuweilen (manchmal*) ist
es furchtbar schwer. In meine Klasse ging ein Junge, dessen Vater ein
Fischgeschäft hatte. Der arme Kerl, Breuer hieß er, stank so sehr nach Fisch,
daß uns anderen schon übel wurde, wenn er um die Ecke bog. Der Fischgeruch hing
in seinen Haaren und Kleidern, da half kein Waschen und Bürsten. Alles rückte
von ihm weg. Es war nicht seine Schuld. Aber er saß, gehänselt und gemieden,
ganz für sich allein, als habe er die Beulenpest. Er schämte sich in Grund und
Boden, doch auch das half nichts. Noch heute, fünfundvierzig Jahre danach, wird mir flau, wenn ich den Namen Breuer höre. So schwer ist
es manchmal, Rücksicht zu nehmen. Und es gelingt nicht immer. Doch man muß
es stets von neuem versuchen.
SEID NICHT ZU FLEISSIG!
Bei diesem Ratschlag müssen
die Faulen weghören. Er gilt nur für die Fleißigen, aber für sie ist er sehr
wichtig. Das Leben besteht nicht nur aus Schularbeiten. Der Mensch soll lernen,
nur die Ochsen büffeln. Ich
spreche aus Erfahrung. Ich war als kleiner Junge auf dem besten Wege, ein Ochse
zu werden. Daß ich’s, trotz aller Bemühung, nicht geworden bin, wundert mich
heute noch. Der Kopf ist nicht der einzige Körperteil. Wer das Gegenteil
behauptet, lügt. Und wer der Lüge glaubt, wird, nachdem er alle Prüfungen mit
Hochglanz bestanden hat, nicht sehr schön aussehen. Man muß nämlich auch
springen, turnen, tanzen und singen können, sonst ist man, mit seinem
Wasserkopf voller Wissen, ein Krüppel und nichts weiter.
LACHT DIE DUMMEN NICHT AUS!
Sie sind nicht aus freien Stücken
dumm und nicht zu eurem Vergnügen. Und prügelt (schlagt*) keinen, der kleiner und schwächer ist als
ihr! Wem das ohne
nähere Erklärung nicht einleuchtet, mit dem möchte ich nichts zu tun haben.
Nur ein wenig warnen will ich
ihn. Niemand ist so gescheit oder so stark,
daß es nicht noch
Gescheitere und Stärkere als ihn gäbe. Er mag sich
hüten. Auch
er ist, vergleichsweise, schwach und ein rechter Dummkopf.**
MISSTRAUT GELEGENTLICH EUREN SCHULBÜCHERN!
Sie sind nicht auf dem Berge
Sinai entstanden, meistens nicht einmal auf verständige Art und Weise,... (es
folgen elf Zeilen die überholt sind - CdeC) Glaubt
auch den Geschichten nicht, worin der Mensch in einem fort gut ist und der
wackere Held vierundzwanzig Stunden am Tage tapfer. Glaubt und lernt das bitte,
nicht, sonst werdet ihr euch, wenn ihr später ins Leben hineintretet,
außerordentlich
wundern. Und noch eins: die
Zinseszinsrechnung braucht ihr auch nicht mehr zu lernen, obwohl sie noch im
Stundenplan steht. Usw. . .
(Kästner beschreibt nun, wie die Inflation die
Zinseszinsrechnung ad absurdum führt! - Wie auch - als Parallele dazu - zur
Zeit die Einführung der Eurokokken-Währung den
Lebensplan und die Altersversorgung der Bürger ad absurdum führt und der fliegende
Übergang von der gelogenen Demokratie zur Bürokratur - Krieg
der Politiker und Bürokraten gegen den
Bürger - erreicht wurde.
- Anmerkung November 2002 - CdeC)
Da sitzt ihr nun, alphabetisch
oder nach der Größe geordnet, und wollt nach Hause gehen. Geht heim, liebe
Kinder! Wenn ihr etwas nicht verstanden haben solltet, fragt eure Eltern! Und,
liebe Eltern, wenn Sie etwas nicht verstanden haben sollten, fragen Sie Ihre
Kinder!
**Wenn dies der „GLORIOUS MASTERRACE“ begreiflich
zu machen wäre,
würden sie die Welt möglicherweise
nicht zerstören November 2002 - CdeC
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