Dramatisches Trauerspiel in zweieinhalb Akten

 

PERSONEN

GÖTZ VON BERLICHINGEN

Deutscher General. Geb. 9.11.1480. Ehemaliger Gefängnisinsasse.

Erschlug seine Feinde stets mit der rechten Hand. Als diese verschlissen war,

wurde die Hand durch eine goldene ersetzt. (Volksgut: „Goldenes Händchen“)

Hauptcharakterzug: Spricht in streng befehlender Kürze.

 

PIERRE Jacques Etienne CAMBRONNE

Französischer General. Geb. 26.12.1770. Beschiß Napoleon auf Elba ständig

beim Kartenspielen. Verbringt seinen Urlaub regelmäßig in Waterloo.

(Deutsch: Wasserkloo) Hauptcharakterzug: Tapfer und treu.

 

KURT TUCHOLSKY

Deutscher Dichter. Geb. 9.1.1890. Erschlug viele seiner Gegner mit einem nassen Handtuch, in das er 1331 Bleibuchstaben gerollt hatte. Unvergessen durch seine letzten Worte: „. . . und sauft nicht soviel Steinwein, ihr Warzenschweine.“

Hauptcharakterzug: Glutvoll göttlich.

 

CLAUDIO DE CEOLA

Schweinehirt. Geb. 9.11.1853. Ehemals Dichter und Denker. Bekannt durch seine

Lustlyrik, die er jährlich zum 31. Dezember vor großer Verehrergemeinde und

in unnacharmlicher Handschrift in den Neuschnee pinkelte. Verfiel später der

Philosophie. Hauptcharakterzug: Triebhaft. - (Schändet Warzenschweine)

 

LOLA

Feenähnliche Jungfrau. Zeitlos. Entflammt sporadisch in brennender Liebe zu

de Ceola. Trinkt keine Cola und fährt deshalb Motorrad wie Rossi (Ital. Doktor).

Soll in einem ihrer früheren Leben regelmäßig Drachen und Ritter besiegt haben.

 

WARZENSCHWEIN

Verwunschene Prinzessin aus Tamanguria. Ungewöhnlich wandlungsfähig.

Ständig mit de Ceola zu sehen. Beziehung zu diesem ist ungeklärt.

Singt an der Scala und

trinkt ausschließlich Schwarzbier und Rotwein.

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NEBENROLLEN und STATISTEN

 

CLAUDIA von SCHIFFER

Pianistin. Riesige Titten. Lief lange leichtbekleidet und lodernd lackiert

langsam und lockend vor lächelnden Leichen herum. Nett!

 

CARL LACKELFELD

Modemischer. Verging sich früher häufig an Stilen, Stoffen und Stielen.

Jetzt abgeklärt. Haar-Schwanzträger. Liebenswert! Verheiratet mit:

 

ROLF-WOLF SCHÄRP-LINK

Früher Bademeister. Nach Kündigung wg. Unfähigkeit Lehrer. Später: Deutscher General und Kriegsmininister. Allzumenschlich. Grinst meist grundlos harmlos.

SZENE:

DE CEOLA IST MIT TUCHOLSKY, GÖTZ UND CAMBRONNE  IN SEINER LIEBLINGSKNEIPE VERABREDET,

UM MIT DIESEN DEN BEVORSTEHENDEN FERNSEHAUFTRITT ZU BESPRECHEN:

Bar-Kneipe. Halbdunkel. Einrichtung aus farbig schillerndem Glas (alles, auch die Flaschen). Lackelfeld sitzt mit Schärp-Link an der Bar. Sie blicken sich tief in die Augen und trinken Rotwein. Rechts auf einem Podest: schwarzes Piano. Davor im Fledermauskostüm die Pianistin: von Schiffer. Links in Türnähe an einem rötlich schimmernden Glastisch sitzend: Lola mit schwarzem Warzenschwein. Lola in engem roten Kleid mit Schlitz. Man sieht ihre schönen Beine. Warzenschwein lümmelt total entspannt. Lola sitzt vorgebeugt, häufig zur Tür blickend.

Ihr gegenüber: Götz und Cambronne im Gespräch vertieft trinken Talisker. Kaum erkennbar im hinteren Teil der Bar: Kurt Tucholsky. Hält beidhändig eine Zeitung vor der Brust und blinzelt über oberen Rand der Zeitung. Direkt neben ihm eine Tür mit der  Aufschrift: NOTAUSGANG

Von Schiffer nippt an einem Glas Champagner. Lola trinkt keine Cola.

 Das Warzenschwein trinkt Schwarzbier (PLATAN). Tucholsky trinkt Laphroaig.

 

PROLOG

Aus dem OFF: Claudio de Ceola zur Harfe singend:

Gen Himmel schauend greift, aus edlem Drange,

Der Barde fromm in seine Saiten ein.

Mal trösten, mal entsetzen seine Klänge,

Und mancher Antwort kann er sich nicht freun.

Doch eine denkt er in dem Kreis der Massen,

Der die Gefühle seiner Brust sich weihn:

Sie hält den Preis in Händen, der ihm falle,

Und krönt die ihn, so krönen sie ihn alle.

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ERSTER AKT

E r s t e r  A u f t r i t t

SZENE:

De Ceola betritt die Bar. Lola springt vom Glastisch hoch und direkt in seine Arme.

Das Warzenschwein strahlt über alle vier Schinken und prostet de Ceola zu.

Von Schiffer erbebt, erhebt sich vom Piano und reißt sich mit einer einzigen theatralischen Bewegung das schwarze Fledermauskostüm vom Leib und prostet halbnackt de Ceola zu (Halbakt). Lola blickt lässig zur lüsternen Schiffer.

Lackelfeld hält Schärp-Link umarmt und küsst diesen in den Mund. Die Nase Schärplinks verdeckt das rechte Auge Lackelfelds. Mit dem verbliebenen linken Auge zwinkert Lackelfeld in Richtung de Ceola. Schärp-Link hält beide Augen fest geschlossen. In diesem Moment greift sich von Schiffer beidhändig ihre Brüste und fängt an, mit ihren tiefroten Brustwarzen die weißen und schwarzen Tasten des Pianos zu bespielen. Augenblicklich ertönt eine liebliche Melodei, und es verbreitet sich eine zarte Stille in der Bar. Diese wird aber von einem lauten Klirren gestört:

Tucholsky ist vom Stuhl gefallen und hat dabei seinen Glastisch umgeworfen.

Sofort begeben sich Lola und das Warzenschwein zu Tucholsky und richten ihn

 - und den Glastisch - wieder auf.

Jetzt: hörbares Aufstöhnen von Götz und Cambronne. Sie erheben sich.

Es beginnt der Götz: „Ich sag euch mal was Neues Kinder: Ihr könnt mich alle am Arsch  lecken.“ - Und Cambronne fällt ein: „Merde brüllt die Herde.“

De Ceola erfasst wie gewöhnlich blitzschnell die Situation: Hier droht die Gefahr der Zerstückelung des Stücks. Augenblicklich wird er mit einem subtilen Streich wieder Herr der entgleitenden Generäle: „Schiffer los - eine Lokalrunde auf mich!

Für diese Herren vier doppelte Laphroaig.“ (Whiskey)

Cambronne multipliziert: > Vier mal doppelt sind acht - macht pro Nase vier.<

>Für vier Laphroaig sind wir damals nach Waterloo gezogen.< Denkt er.

„Her damit.“ - Sagt er.

Die von Schiffer (nackt) bringt acht Gläser. Ihre beiden Milchdrüsen drängt sie geschickt über den Rand der Gläser. De Ceola schmunzelt im Stillen:

> Zu diesen Kirschen möcht’ manch einer pirschen.<

Und zu den Generälen sagt er laut: „ Prost meine Herren!“

Vier doppelte Lebensgewässer würde sich kein Schwein entgehen lassen, und so

sind auch die Generäle sofort versöhnt. Nun tritt Tucholsky dazu:

„Exzellenzen, darf ich Sie bitten, jetzt mein Stück aufzuführen?“

Und wieder scheint das Glück de Ceola hold, denn er hatte gerade vergessen,

wie sein Trauerspiel weitergehen sollte. (Geplant sind noch 1-2 Seiten zusätzlich)

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ERSTER AKT

Z w e i t e r  A u f t r i t t

SZENE:

Gleiches Bühnenbild. Götz und Cambronne stehend, beide die rechte Faust

flach auf dem Herzen haltend:

„Um jetzt zu beenden alle falschen Gerüchte:

HIER UND HEUTE unsre erste Talk-Show der Geschichte.

Doch bevor wir die Lage der Welt beraten, erst eine Richtigstellung unserer Taten.

Es beginnt Cambronne: „Niemals hab ich’s gesagt wie im Heldengedicht -

Die Garde stirbt, doch sie ergibt sich nicht!

Nein, gesagt hab ich nur MERDE und das allen ins Gesicht.“

Und der Götz übernimmt: „Und ich hab gesagt, genau, Wort für Wort:

Fahr’ er mir in den Arsch und lecke er mich dort!“

 

ZWEITER AKT

SZENE:

Fernsehstudio. Am Runden Tisch: Götz, Cambronne. De Ceola als Moderator

samt Warzenschwein. De Ceola: „Liebe Zuschauer, in unserer heutigen Sendung:

ZEITZEUGEN EUROPAS

stelle ich vor: - General Götz von Berlichingen und General Cambronne.“

„Meine Herren bitte: Sie, die Nationalgeister zweier Nationen, die man anruft,

wo Franzosen und Deutsche wohnen, was haben Sie uns hier und heute zu sagen -

unsre Zuschauer haben da so einige Fragen.“

 

Es beginnt der Götz: „Was sagst du, Bruderherz zu den seltsamen „Demokraten“, die sogar in den besten Wein reinpissen taten - vorsichtig, umsichtig, nachsichtig, kurzsichtig - und treffen immer daneben. Was hältst du davon?“

„MERDE-!“ sagte General Cambronne.

 

Und fuhr fort: „Was hältst denn du Bruder, von den deutschen Richtern,

diesen Vollzugsbürokraten von Denkern und Dichtern?

Wie sie nichts hören, nichts verstehen -

Recht und Freiheit verraten - bei den Grossen und den Dicken und ihren

 Missetaten - halbblind wegsehen - die Schande nicht gestehen? Bei den Kleinen

aber feste zuschlagen, im Land verbreiten Jammern, Klagen und Zagen.

Wie sie Ausländer ,Arbeitslose, Bürokraturopfer fangen, in ihren Schlingen...?“

„SCHEISSE!“ sagte da Götz von Berlichingen.

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Und fuhr fort: „Kennst du aber die uniformierten Figuren in all den Friedensländern,

die in blutbespritzten Cowboygewändern die nächsten Kriege schon vorbereiten,

morden, meucheln, Tod und Armut verbreiten? -

Die GLORIOUS-MASTERRACE-Nation – mit dem Anspruch aufs Panthéon?“

„Ach MERDE - !“ sagte da Cambronne.

 

Und fuhr fort: „Kennst du denn aber die Fernsehdiktatoren? Wie sie schielen auf jedes Stück Scheiße mit Ohren und der GROSSE BRUDER  in ihrer Mitten.

Wie alle lechzen für Quoten nach Arsch und nach Titten,

nur dann dem Volk aufs Maul schauen, wenn es frißt Mayo mit Fritten.

Hamburger im Maul, und den Ketchup im Hirn,

denn Millionen Scheißfliegen, die können ja nicht irr’n!

Was sagen sie zum Kulturkrieg, den Eurokokken, den bedeutenden Dingen?

Da sagt er’s noch dreimal, der Götz von Berlichingen.

 

Und fuhr fort: „Was hältst denn du von den Parl-lala-amenten? Mit ihren Ausschüssen, Re- und Kloreferenten? Die Akten im Reißwolf, das Geld frisch gewaschen in Zehntausend Bürokraturen- und Politikertaschen. Ist das nicht ein herrlicher Hohn, meinst du, da hilft noch ’ne Wahrheitskommission? Bruder, sag mir, ist es bei euch das gleiche, sitzt auch ihr so tief in der Politikerscheiße?

Welches Arschloch nennt denn so was noch Demokratie?

Ist doch nur politische Onanie! Verludert, verschwafelt, eiskalt und verkommen,

woher haben DIE bloß ihre „Wähler“ genommen?

Nur die Deppen „wählen“ in kindlichem Eifer - und nachher dann:

„DAS GROSSE GEKEIFER“. Dabei pfeift schon alles aus dem vorletzten Loche,

in der Öffentlich-Rechtlichen Idiotenepoche.

 

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De Ceola aus dem OFF: Beide stehen auf, der Whiskey ist getrunken, und ich steh da,

in tiefes Grübeln versunken. Zu meiner Rechten, wie auch zur Linken,

zwei große Geister die mir zum Abschied winken.

Sie nehmen mein Warzenschwein in ihre Mitte, wie das bei Generälen so Sitte.

Götz und der General Cambronne, ziehen - laut ihren Gruß rufend - davon.

Und noch über drei Strassen weit klingt es jetzt leise:

„MERDE!“ - „SCHEISSE!“ - „MERDE!“ - „SCHEISSE!“

Mein Schwein kehrt zurück und bellt freundlich sein „MUHH“ -

Kurt Tucholsky gibt seinen Segen dazu.

 

Claudio de Ceola – 26.12.2000

(DIESES  MANUSKRIPT IST ALS ANTIDEPRESSI-WUMM ENTSTANDEN UND WIRD NOCH ÜBERARBEITET UND UM 1-2 SEITEN ERWEITERT)

E-Mail: Schwarzbier@warzenschwein.org  -  Depression: Glueckstropfen@Lolabrennt.de

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